Auch wenn es Ihnen sicherlich bereits klar ist, als Praxiseinstieg wird der Einstieg in eine bestehende Praxis beschrieben. Wir unterteilen den Praxiseinstieg in zwei wesentliche Bereiche. Der erste Bereich beschreibt lediglich den Einstieg in eine bestehende Praxis, ohne dass ein Praxisinhaber aussteigt. Der zweite Bereich beschreibt die Situation, in der ein Praxisinhaber einen Anteil an der bestehenden Praxis an den Einsteiger übergibt. Mit Anteil werden u.a. Anteile an Behandlungen gemeint, um die eigene Auslastung besser balancieren zu können. Unbedingt zu beachten ist die Praxisform. Zu den Praxisformen (Einzelpraxis, BAG und Praxisgemeinschaft) finden Sie unter Praxiswissen Beiträge im Blog.
Da wir im Rahmen dieses Beitrags nicht auf alle Risiken und Chancen genauer eingehen können, nennen wir die Oberbegriffe und beschreiben Sie grob, um Ihnen einen Überblick zu verschaffen. Besonders in den Bereichen Recht (Verträge) und Finanzen (Steuer, Finanzierung etc.) sollten Sie sich Beratung suchen. Gerne stellen wir Ihnen Kontakte her.
Das Risiko
Angenommen Sie sind in der Situation Ihren Anteil an Ihrem Lebenswerk (der Praxis) in die passenden Hände zu übergeben. Wie würden Sie sich verhalten, wenn zum ersten Kennenlernen der potenziell „perfekte Nachfolger“ erscheint. Sie würden die Praxis so gut präsentieren wie nur möglich. Häufig ist das Problem hierbei nur, dass (nicht böswillig) wichtige Fakten beschönigt, oder ganz weggelassen werden. Die emotionale Sicht auf Dinge überwiegt, zusätzlich fehlt es an Erfahrungswerten. Nur selten kann der Einsteiger & Abgeber auf Erfahrungswerte zurückgreifen.
Besichtigung – Verschenkte Zeit und Energie:
Wissen Sie nicht worauf vor der Besichtigung zu achten ist, bzw. welche Informationen Sie vor dem Kennenlernen erfragen sollten, besichtigen Sie unter Umständen Ihre Traumpraxis ohne die Möglichkeit, diese jemals übernehmen zu können. Ist beispielsweise ein Mietvertrag nicht übernahmefähig, erhalten Sie keine Finanzierung. Sparen Sie sich und dem Abgeber wertvolle Zeit und Energie und warten Sie lieber vor eine Besichtigung, bis sich Voraussetzungen geklärt haben.
Kennenlernen – Geschärfte Sinne statt Blauäugigkeit
Natürlich sollen Sie das Kennenlernen nicht mit einem Stapel an Fragebögen beginnen. Im besten Fall bereitet Ihr kompetenter Berater das Kennenlernen so transparent und organisiert für alle Beteiligten vor, dass Sie sich auf Ihr Bauchgefühl und die Person gegenüber fokussieren können.
Vorab kann allerdings nicht alles mit einer Garantie auf Richtigkeit in Erfahrung gebracht werden. Lassen Sie sich alle Räumlichkeiten zeigen. Auch der Keller sollte unbedingt besichtigt werden.
Aus unserer Erfahrung können wir Ihnen bestätigen: Alles kann Ihrerseits angesprochen werden, nichts muss! Sie haben nicht ohne Grund einen Berater an Ihrer Seite, der in seiner Rolle des Mediators die unangenehmen Dinge für Sie ansprechen sollte.
Verbindlichkeiten
Erfragen Sie rechtzeitig alle bestehenden Verbindlichkeiten.
- Leasingverträge
- Personalverträge
- Mietvertrag
- Ausstehende Zahlungen der Praxisgesellschaft an Dritte
- Ausstehende Behandlungen/Fehler des Abgebers
Dies sind nur einige Verbindlichkeiten, die Sie als Einsteiger frühzeitig betrachten sollten. Wir empfehlen, lassen Sie sich von Ihrem kompetenten Anwalt aufklären.
Einstieg in eine „faule Praxis“
Sie haben sich kennengelernt, die Praxis entspricht Ihren Ansprüchen und Erwartungen. Die Verträge wurden geschlossen und Sie beginnen Ihre Tätigkeit in der Praxis. Schon bald haben Sie ein mulmiges Gefühl, etwas stimmt nicht.
Was nun?
Menschen können sich verstellen, Absprachen können nicht eingehalten werden, Umstände sich ändern. Daher ist es umso wichtiger, über Eventualitäten weitestgehend aufgeklärt und vor negativen Ereignissen geschützt zu sein. Wir raten all unseren Mandanten zu einer Probearbeit in der Traumpraxis. Nur so können Sie einen wirklichen Eindruck der Praxis gewinnen. Bestehen Sie darauf!
Sie sind nun in die Praxis eingestiegen.
Vereinbaren Sie von Beginn an regelmäßige Gesprächszeiten zwischen den Behandlern, aber auch mit dem Team. Gerade in der Anfangszeit sollten Sie sich regelmäßig austauschen.
Tipp: Erstellen Sie einen Plan mit Themen, die in jeder Besprechung besprochen werden müssen. Setzen Sie zeitliche Limits, um für produktivere Gespräche zu sorgen. Halten Sie alles Gesagte schriftlich in einem Protokoll fest. Das hat nichts mit einem Mangel an beidseitigem Vertrauen zu tun. Nein, Sie beide sollten bei Unstimmigkeiten immer auf Besprochenes zurückgreifen können. So entsteht kein Streit, im Gegenteil. Es entsteht für beide Seiten ein sicherer Rahmen, an dem sich orientiert werden kann. Klären Sie auch unbedingt den Ernstfall bei Trennung.
Fazit:
Gerade vor dem Einstieg in die Praxis, sollten Sie sich durch eine Reihe von Betrachtungspunkten absichern. Eine 100% Sicherheit gibt es nicht, halten Sie alles vertraglich/schriftlich unter Vorgaben fest. Achten Sie auf eine professionelle und transparente Beratung im Praxiseinstiegsprozess. Unangenehme Themen darf gerne Ihr Berater für Sie als Mediator ansprechen. Achten Sie auf Ihr Bauchgefühl, den Rest übernimmt im Idealfall Ihr Berater.
Sie können uns gerne bei Fragen oder Anmerkungen, sowohl telefonisch als auch schriftlich unverbindlich kontaktieren. Wir freuen uns über jeden Austausch!